Plakat Friedrichshagen

Ausstellungsplakat Meistens Blau (2019)

Aufsteller Friedrichshagen

DIE FERNE IST EIN SCHÖNER ORT...

Berge oder Meer — diese Urlaubsfrage aller Fragen hat Jürgen Balitzki klar entschieden. Er mag keine Barrieren, er braucht den uneingeschränkten Blick, und so treibt ihn die Sehnsucht immer wieder aufs Meer, auf Gewässer, hinein in Landschaften, weit hinaus, wo sich Erde, Wasser und Himmel begegnen in einem unermesslich-vielschichtigen Blau: meistens Indigo.

Das Blau ist unser Begleiter auf einer Reise der Augen. Was uns faszinieren oder beunruhigen kann beim Betrachten dieser Bilder, ist die Ahnung eines DAHINTER, die Lust auf ein DAHINTER, die gestillt sein will. Meistens.

„Die Ferne ist ein schöner Ort, doch wenn man da ist, ist sie fort”, sang Tamara Danz. Und so bleibt der Maler an Land, im Sicheren, an Uferzonen, Stränden, Küsten, in Häusern, hinter den Häusern. Dieser Maler ist kein rucksacktragender Abenteurer. Er ist ein Schauender, der aus sicherer Distanz auf ungeheure Horizonte unter unendlich weiten Himmeln blickt.

Blau hat einen Klang. Meistens.

Wer Musik liebt, sich in und mit der Musik auskennt wie dieser Maler, weiß wohl auch, wie Farben klingen. Seine Bilder sind hörbar. Meistens. Und wer inmitten dieser Ausstellung über den Klang der Farbe Blau nachdenkt, gerät auch zu den Großen der bildenden Künste. Rot ist für den Bauhäusler Johannes Itten körperhafte Materie, statisch und schwer und quadratisch. Gelb ist kämpferisch und aggressiv, mit schwerelosem Charakter, dreieckig. Das Blau erscheint entspannt und bewegt, kreisförmig, für Wassily Kandinsky ist Blau eine konzentrisch zurücktretende Farbe und ihr Klang tief und dunkel, kraftvoll, sehnsüchtig, bewegt.

Jeder Tag verabschiedet sich mit der blauen Stunde in die Nacht. Meistens macht es uns glücklich, machen wir „blau” oder sind es. Symbolistische Bühnendichter ließen den blauen Vogel fliegen und das zentrale Symbol der Romantik war die blaue Blume. Was wäre die Welt, wäre sie blau?

Holger Kuhla

 Laudatorin Dr. Sigrid Strachwitz


Austellung Beckum 2015

Beckum Kreuz

LAUDATIO VON ULRICH SCHNEIDER

Meine Damen und Herren,
stellen Sie sich vor, Sie kommen in eine Wohnung und wissen sofort, das ist es! Tausende von Schallplatten, eine große Stereoanlage, CDs vom Boden bis zur Decke und nach einem kurzen Blick auf CD und Platten sehen Sie alles, was das Herz begehrt. Das waren Jürgens Zimmer. Wir kommen ins Gespräch und wissen von einander, was uns gegenseitig interessiert. An den Wänden hängen Bilder, gemalt, interessant, und Kristine sagt: „Ja, ja, Jürgen malt!” Und wie Jürgen malt, können wir in den nächsten Wochen an einigen Gemälden erfahren, hier in den Andachten am Donnerstagabend, durch den Besuch und die Betrachtung der Gemälde, die im Gemeindehaus ausgestellt sind. Blau symoblisiert die Weite des Himmels, die Offenheit, das Wasser, alles in allem das Göttliche. Blau hebt unsere Stimmung: Stellen Sie sich vor, Sie sehen ein Bild des tropischen Meeres. Am liebsten würde Sie sofort ins Wasser springen. Blau gilt auch als beruhigend, aber leider auch als kalt. Räume, die mit blauen Farben ausgestattet sind führen zu gefühlter Kälte. Gefühlt wird der Raum kälter wahrgenommen als etwa bei Rot. Blau ist in Deutschland die beliebteste Farbe. Überlegen Sie einmal, wie häufig Blau in unserem Leben vorkommt. Dann wird auch klar, warum so viele Parteien und Organisationen Blau als Farbe in ihrem Logo führen: Bayern und die CSU, die Deutsche Bank, die F.D.P., ein Gelsenkirchener Fußballverein, die NATO, die Europäische Union, die Demokraten in den USA... Blau gibt aber auch ein Gefühl wieder, das Gefühl der Trauer, manchmal der Nachdenklichkeit bis hin zur Verzweiflung. Das Wort Blues leitet sich von der bildhaften englischen Beschreibung I've got the blues bzw. I feel blue („ich bin traurig”) ab. „All Along the Watchtower” hat Jürgen Balitzki eines der Bilder genannt

Linksklick für Großansicht

Gemünzt auf sein Bild, das einen Blick aus der thüringischen Rhön nach Westen zeigt, hat Jürgen den Song neu übersetzt:

„Es muß doch hier irgendwie rausgehen”,
sagt der Narr zum Dieb.
„Ist viel zu viel Chaos überall
und Hilfe nicht in Sicht.
Die einen trinken meinen Wein,
die anderen jagen mich vom Acker.
Und keiner will wissen,
ob hier noch irgendwas Wert hat.”

„Kein Grund, sich aufzuregen,”
Meint der Dieb.
„Viele Typen denken sowieso,
das Leben sei ein Witz.
Aber du und ich,
wir können da ganz cool bleiben.
Denn das ist nicht unser Ding.

Schluß mit dem Gelaber,
genug Zeit verplempert.
Der aufm Wachturm
hat sowieso den besten Überblick.
Egal, wer da kommen mag:
ob Huren oder Lakaien.”
In der Ferne jault eine streunende Katze,
die Patrouille nähert sich.
Und der Wind beginnt zu heulen.

Jürgen Balitzki lebt in Berlin, ist in der DDR groß und erfolgreich im Radio geworden. Wenn man unserer Generation angehört, West wie Ost, kann man dieser Musik nicht ausweichen. Schon gar nicht beim Radio, besonders bei dem für Jugendliche. Daraus ergibt sich auch eine Vorliebe von Jürgen Balitzki für Jimi Hendrix, der diesen Song 1968 weltberühmt und beliebt machte, viel bekannter als die Originalversion von Bob Dylan. Dann wird auch der Titel des Gemäldes verständlicher. Das Bild dokumentiert auch die Düsternis des Textes, von dem ich gestehen muss, dass ich ihn bis heute nicht wirklich verstanden habe.

Linksklick für Großansicht

Zu Blau und dem Blues gehört auch seine Weiterentwicklung - der Jazz. Da kommen wir dann sehr schnell zu Miles Davis und „Kind of Blue”, so heißt dessen bekanntestes Werk aus dem Jahr 1959, die bis heute meistverkaufte Jazzplatte weltweit. „Kind of Blue” gibt eine Stimmung wieder, sowohl als Bild von Jürgen Balitzki als auch als Musik des großen Miles Davis. „Kind of Blue” ist wie aus einem Guss. In der Musikaufnahme in den 50er Jahren konnten die einzelnen Instrumente und Stimmen noch nicht überspielt werden, wie es schon wenige Jahre später selbstverständlich wurde. Die Musiker standen bis dahin nebeneinander oder im Kreis, verteilt im Raum, die Aufnahme orientierte sich an der Entfernung zum Mikrofon. Es wird gespielt und das Werk muss stimmen, sonst ist das Band nicht verwendbar. So kommen mir auch manche Bilder von Jürgen vor: „Nordkreuz” vermittelt die Kälte des Blau, die Bäume stehen gerade in den Himmel, ohne Bewegung, einmal gemalt und das war's! Wir sehen Paris in blau, die Hauptstadt des europäischen Jazz, „All Blues” mit der Weite des Himmels und immer wieder Bilder des Meeres, der Ostsee und sogar Venedig mit dem Canale di Canareggio wird Blau! Wie schön!

Die Bilder vermitteln die Beziehung zur Musik, die Jürgens Leben ganz wesentlich geprägt hat. Der Zugang zu neuer Musik, die unzähligen Feature über Maler, Schauspieler, moderne Rockmusik, das Außergewöhnliche in der Provinz, Interviews mit so unterschiedlichen Künstlern wie Carlos Santana und Frank Castorf, vor allem die Nähe zum modernen Theater in Ost und West haben deine Kunst geprägt, auch wenn es nirgendwo dran steht. Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass wir mit der heute beginnenden Ausstellung daran teilhaben können.

Beckum, 19.02.2015

Liste der Bilder:
All Blues
Versöhnung
Fische
Winter ade
Aurora revisit
Paris bleu
All along the Watchtower
Nordkreuz
A9
Canale di Cannaregio
Kühlungsborn West

Beckum Artikel
rbb Ausstellung

Postkarte der rbb-Ausstellung (August 2013)

Video-Rundgang durch die Ausstellung KIND OF BLUE

rbb Ausstellung 1

KIND OF BLUE Vernissage (Foto: Thomas Ernst)

rbb Ausstellung 2

KIND OF BLUE Vernissage (Foto: Thomas Ernst)

rbb Ausstellung 3

KIND OF BLUE Vernissage (Foto: Thomas Ernst)

rbb Ausstellung 4

KIND OF BLUE Vernissage (Foto: Thomas Ernst)

rbb Ausstellung 5

KIND OF BLUE Vernissage (Foto: Thomas Ernst)

rbb Ausstellung 6

KIND OF BLUE Vernissage (Foto: Thomas Ernst)


Ausstellungsplakat

Ausstellungsplakat Blau Machen II (2009)

Blau-Machen-II-Quartett

Blau-Machen-II-Quartett

STARTSEITE —   SEHEN STECKBRIEF IMPRESSUM