Reinhard „Lacky” Lakomy

Reinhard „Lacky” Lakomy – keyb, voc, komp

Diskographie

Singles:
Mädchen, mir kommt’s verdächtig vor (Kerth)/ Es war doch nicht das erste Mal (1972)
Und ich geh in den Tag/ Wenn du gehst (1973)
Du könntest mein Mädchen Sein/ Autofahren (1974)
Mir doch egal/ Ein irrer Typ (1975)
Klavierstunde/ Manchmal find ich keinen Schlaf (1975)

EP:
Es war doch nicht das erste Mal/ Heute bin ich allein/ Das Haus, wo ich wohne/ Und ich geh in den Tag (1983)

LP:
Reinhard Lakomy (1973)
Lacky und seine Geschichten (1974)
Lackys Dritte (1975)
...dass kein Reif (1976)
Die großen Erfolge (1977)
Das geheime Leben (1982)
Der Traum von Asgard (1983)
Zeiten (1985 – mit Rainer Oleak)

Kinderlieder-LP:
Geschichtenlieder (1978)
Traumzauberbaum (1980)
Mimmelitt, das Stadtkaninchen (1984)


Gespräch am 4.12.1983

Welche wesentlichen Stationen siehst du innerhalb deiner künstlerischen Entwicklung? Vier fallen mir auf: Jazzer, Sänger/Rocker, Kinderlieder-Schreiber und Elektroniker.

Wenn du von Umschlagpunkten redest, dann müsste ich zuerst einen Mann nennen, der mein Lehrer an der Magdeburger Georg-Philipp-Telemann-Musikschule war, zu dem ich kam, nachdem mich alle anderen in Frage kommenden Lehrer wegen meiner Bevorzugung von Tanzmusik und Jazz abgelehnt hatten. Louis Armstrong war mir lieber als klassische Komponisten, und Bach interpretierte ich eben auf meine Weise. Dieser junge Mann, er hatte in Weimar Komposition studiert, hieß Dieter Nathow. Er machte mich auf zwei Dinge aufmerksam. Erstens, sagte er, könne ich überhaupt nicht Klavier spielen. Ich spielte zum Beispiel Brahms mit völlig geraden Fingern. Er brachte mir bei, dass die Finger die Funktion von kleinen Hämmerchen haben. Ich musste also völlig von vorn anfangen. Das war für mich ein Schock. Nach ein paar Wochen hatte ich es dann kapiert. Als Zweites merkte er, dass ich gewisse Sachen erfinden kann, dass ich lieber selbst spielen als reproduzieren wollte, was von anderen kam. Und da sagte er zu mir, es sei nicht wichtig, wie, sondern was man komponiert. Ich wünschte vielen Komponisten, dass sie in ihrer Jugendzeit mal so was gehört hätten, dann würde vielleicht nicht so viel überflüssiges Zeug geschrieben.

Was ist für dich überflüssig?

Da möchte ich meinen Freund Professor Linnemann, das ist der Rektor der Technischen Hochschule, Ilmenau, zitieren. Er sagte in einem Professorenkollegium sinngemäß, wenn die Komponisten der Meinung sind, das Publikum sei noch nicht reif, sie also für ein späteres Publikum komponieren, dann sollten sie auch dann erst ihr Geld kriegen. Ich bin der Meinung, es ist sinnlos, etwas zu komponieren, was keinen interessiert. Der Standpunkt: Keiner versteht mich, ist falsch. Entweder sie haben nichts, was sie vermitteln wollen, oder sie sind nicht in der Lage, ihre Ideen zu vermitteln. Das letztere finde ich bedauerlich, das andere verwerflich.

In solchen Situationen ergibt sich zwangsläufig die Frage nach dem musikalischen Fortschritt!

Für jede Art von Musik gibt es ein Publikum. Es gibt aber auch bestimmte Auswüchse, die ich zum Beispiel in der Berliner Großen Melodie im alten Friedrichstadtpalast noch hören konnte, als der Free Jazz zur Blüte trieb. Und ich wusste von einigen Musikern ganz genau, dass sie nicht einmal eine einfache C-Dur-Tonleiter fehlerfrei spielen konnten. Die machten dann Free Jazz. Ich meine nicht die ehrlich bemühten Leute, die vielleicht bestimmte Dinge noch falsch machen und dadurch nicht verstanden werden. Ich meine die Scharlatane. Jeder kann sich mit seinen Ausdrucksmitteln verständlich machen, aber er muss seine Mittel in den richtigen Zusammenhang bringen. Selbst die völlig gegenstandslosen Maler kannst du danach unterscheiden, ob sie sich was dabei gedacht oder nur gekleckst haben. John Coltrane hat auch zum Schluss Free Jazz gemacht. Bei dem war ablesbar, wie er’s gemeint hat, denn er hatte eine Basis. Avantgardisten sind für mich Künstler, die bereit sind, für ihre Idee kaputtzugehen. Es gibt auch Kamikaze-Leute, die an Dinge glauben, die ihnen nie jemand abnehmen wird.

Was kam nach der Telemann-Schule?

Von dort ging ich nach Dresden zur Musikhochschule. Das ist aber nicht erwähnenswert, weil ich dort nichts gelernt habe. Bei Nathow bekam ich den vierstimmigen Satz bis zum Kontrapunkt mit. Das war das Wichtigste. Mehr musst du nicht wissen. Alles andere kannst du dir selbst aneignen. Man muss viel – vor allem unterschiedliche &nd Musik hören, aufmerksam in die Welt blicken.

Kommen wir zur nächsten Station deiner Entwicklung.

Das war das Lenz-Sextett, wo ich auch Günther Fischer, Günter Sommer, Henning Protzmann, Hermann Anders kennenlernte. Das war ungefähr 1966. Aus dieser Bekanntschaft ging dann das Fischer Quartett hervor. Während meiner Armeezeit spielte Fischer selbst Klavier. Obwohl ich die anderthalb Jahre bei der Armee nicht gerade hervorragend fand, kam mir hier eine gewisse Weltfremdheit abhanden. Ich erfuhr, was die Leute wirklich hören wollen. Das war auf keinen Fall das, was ich vorher gespielt hatte. Abgesehen vielleicht von einigen Schlagern für Thomas Lück und andreas Holm, die damals meine Kasse etwas aufbessern halfen. Als ich von der Armee zurückkam, ging’s noch eine Weile mit dem Fischer-Quintett weiter. Ich hatte aber schon Vorstellungen von einer eigenen Existenz. Für zwei Chefs war in dieser Truppe kein Platz, also ging ich, machte dieses und jenes, arbeitete zum Beispiel mit einem Mädchenchor.

Deine frühen Erfolgsstücke wie „Es war doch nicht das erstemal” – wann hast du die produziert?

Noch bei Günther Fischer, ohne ihn allerdings. Das waren Notlösungen, denn seinerzeit wurden für Texte und Melodien immer Interpreten gesucht. Der für „Es war doch nicht das erstemal” vorgesehene Sänger packte es nicht so richtig, und Klaus Hugo, heutiger Rundfunk-Chefproduzent für Tanzmusik, damaliger Redakteur, meinte ich solle es doch mal selbst probieren. Das tat ich . und es ging ruckzuck, keiner sprach dagegen. Nach einer Weile erhielt ich vom damaligen Amiga-Chefredakteur Kähne das Angebot für eine Plattenübernahme. Ich fühlte mich zunächst verscheißert. Er meinte es aber ernst, und damit ging das Unheil los. Dann kam „Heute bin ich allein” und bald darauf die erste LP. Die lief unheimlich gut, und ich sah zum erstenmal, wie es ist, wenn man mehr als 2000 Mark auf einmal kriegt. Ich dachte, jetzt sind alle Sorgen vorbei, doch sie fingen erst an. Es war die Zeit der X. Weltfestspiele. Durch die rege Nachfrage wurde der Grundstein für meine erste Band gelegt, für das Lakomy-Ensemble. Zum Jugendtreffen war unser erster Auftritt. Wir verfügten über ein sehr schmales Repertoire, fingen wieder von vorn an, wenn der letzte einstudierte Titel vorüber war, die Lütte, also Angelika Mann, sang zum Beispiel Stücke von Janis Joplin. Zum Schluss sind vier LP daraus geworden.

Der Abschied vom Jazz rief die kein Bedauern hervor?

Nein. Aus meiner Sicht war zu viel Scharlatanerie im Spiel. Mich störte die sagenhafte Intoleranz, die nichts gelten lassen wollte als Free Jazz.

Wurdest du wegen deiner Schlager-Ausflüge attackiert?

Was denkst denn du! Ich durfte mich in der Großen Melodie fast gar nicht mehr sehen lassen! Es waren die eigenen Kollegen, die mich vom Jazz weggetrieben haben. Ich kann’s immer noch. Inzwischen habe ich keine Lust mehr dazu. Die jetzt von mir gemachte elektronische Musik hat aber trotzdem eine Menge mit Jazz zu tun. Zu den Schlagern von damals habe ich inzwischen ein distanziertes, kritisches Verhältnis. Trotzdem bekenne ich mich dazu. Es war eine wichtige Etappe meiner Entwicklung. Man legt sie ohne Bedauern ab.

Für die damalige Szene und auch für dich handelte es sich um einen großen Gewinn, nicht zuletzt wegen deiner Zusammenarbeit mit dem Texter Fred Gertz, dessen Verse für die Verhältnisse dieser Zeit das Persönlichste im Liederschaffen transportieren.

Das war eine gute Freundschaft. Wir haben Sachen gemacht, die in unserer Rockgeschichte durchaus erwähnenswert sind – im Zusammenhang mit der Einheit von Text, Musik und Interpretation. Niemand wollte mir glauben, dass die Texte gar nicht von mir stammten.

Du bist dann quasi von heute auf morgen aus diesem Geschäft ausgestiegen?

Ein Jahr zuvor hatte ich es schon angekündigt. Ich kam mir vor wie ein Papagei. Ich bin nicht gern Reproduzent, schon gar nicht meiner eigenen Sachen. Da ich die Autogrammjägerei nicht leiden konnte, ging ich schon lustlos auf die Bühne. Die Leute sollen doch die Musik hören und nicht den Macher umschwirren.

Nun ist die populäre Musik doch immer mit dem Präsentierteller verbunden. Das wolltest du also nicht?

Nein. Der öffentliche Status ist die eine Sache. Aber die Unsitte, von jedem als Mittel zum Abreagieren benutzt werden zu können, ist nervend. Mit der elektronischen Musik ist es gar nicht möglich, so viele Live-Konzerte zu veranstalten. Erstens ist’s zu teuer, zweitens zu aufwendig, um meinen ganzen Kram in irgendeinen Saal zu transportieren.

Als du als Sänger ausstiegst, hast du – als Trost gewissermaßen – auf die Tonkonserve verwiesen. Gilt diese Empfehlung auch heutigen Rockbands?

Nein. Ich bin vielleicht in der Beziehung ein Einzelgänger. Ich bin kein bühnengeiler Typ. Es gibt aber Leute, die brauchen das. Für mich wäre ein Live-Auftritt nur interessant, wenn ich umfassenden Möglichkeiten im Zusammenspiel von Licht, Musik, Bewegung usw. hätte. Ich will nicht im Mittelpunkt stehen. Das DT-64-Jugendkonzert von 1983 setzte schon ein paar Maßstäbe dieser Art. Das sind für mich lohnenswerte Live-Kisten. Nach einem Film hatte ich die Musik konzipiert. Live muss etwas Besonderes sein, kein öffentlicher Abklatsch vorliegender, immer abrufbarer Ideen. Andererseits meinen einige wieder, das wäre zu viel Drumherum. Wir lebten nun mal in einer 3-D-Welt, warum nicht auch in musikalischen Veranstaltungen? Deswegen meine Bemühungen um Videos.

Lass uns noch einmal in die vorelektronische ära zurückkehren. 1975 schrieb jemand in „melodie und rhythmus” über dich, was du vorträgst, wird als ”ehrlich, gradlinig, parteilich und wahr empfunden”. Was verstehst du unter Parteilichkeit?

Um’s vielleicht ganz banal zu sagen: Meine überzeugung ist, dass der Sozialismus siegt, siegen muss. Es gibt keine Alternative für die Menschheit. Nach der Bundestagsdebatte vom November `83 über den NATO-Raketenbeschluss war mir klar, dort ist nichts zu holen. Heute ist es leider so, dass die Gefahr einer Katastrophe so groß ist, dass man parteilich sein muss. Man kann gar nicht anders. Entweder du bist dafür oder dagegen. So steht die Frage. Lavieren hilft nicht. Ich weiss einfach, dass kein Massenvernichtungsmittel von der Sowjetunion erfunden wurde. Seit 1945 kommt alles von den USA.

In einem Gespräch mit dem Kritiker Wolfgang Lange hast du im Juli 1982 gesagt, dass „die Beschäftigung mit den Mikrozellen musikalischen Materials” dazu geführt hat, dass du „viel aufmerksamer, kritischer über die Dinge der Welt” nachdenkst.

Wie dürfen wir diese Aussage verstehen?

Musik ist eigentlich eine emotionale Angelegenheit. Das früher oft sporadische Betriebene geht in der elektronischen Musik überhaupt nicht. Damit kommst du zu keinem Ergebnis. Um derartige Prozesse erfassen zu können, musst du tiefer in die ganze Materie eindringen. Du musst in der elektronischen Musik wissen, was funktioniert. Das ist ein Training, dessen gedankliche Ergebnisse du, unbewusst, auf alle anderen Lebensbereiche anwendest. Du fängst an zu analysieren. Dieses Phänomen, das mich menschlich sehr viel weiter gebracht hat, konnte ich bei allen beobachten, die mit elektronischer Klangerzeugung zu tun haben. Das nur nebenbei.

Elektronische Musik assoziierte bisher sehr oft Kosmisches und philosophisch Angehauchtes. Wie siehst du unter diesem willkürlichen Aspekt deine zweite Elektronik-LP „Der Traum von Asgard”?

Das Kosmische wollen wir mal gleich ad absurdum führen, weil nämlich im Kosmos nichts zu hören ist, Musik schon gar nicht. Die ganze Sciene-Fiction-Musik ist deshalb Stuss. Tangerine Dream hat, um zum philosophischen Zuschnitt zu kommen, bewiesen, dass man eine Musik machen kann, die dem Zuhörer erlaubt, sein eigenes Ego darin auszubreiten. Der Zuhörer sieht Bilder, die dem Komponisten gar nicht vorschwebten! Andererseits müssen sie keineswegs völlig davon abweichen. So eine Musik wird immer nötig sein. Es gibt eine Malerei, in die man sich fallenlassen kann, das beginnt für mich mit Caspar David Friedrich. Die elektronische Musik wird von vielen deshalb als philosophisch verstanden, weil sie ihre eigene Philosophie einbringen können. dazu geradezu aufgefordert werden. Deshalb werfe ich einigen unserer Ernsten Musiker vor, dass sie viel zu wenig Bewegungsfreiheit lassen, viel zu viel hineinpacken. Das ist zu anstrengend für den Hörer. Asgard, um das mal zu erläutern, ist ein Ort, der die danach suchenden Leute nicht zufriedenstellen wird. Man sollte seine Ziele nicht dort suchen, wo sie garantiert nicht sind. Ich meine damit zum Beispiel ehemalige Kollegen wie Franz Bartzsch. Ich hatte eigentlich immer den Eindruck, dass Franz wollte mehr als Kohle, als Geld.

Der Kritiker Ingolf Haedicke ging sehr hart mit deiner ersten Elektronik-LP ins Gericht. Wie urteilst du heute darüber? Damals druckte die „Unterhaltunskunst” nur eine kleine Entgegnung.

Die Antwort war genauso blödsinnig wie die Rezension. Weißt du, was mich daran am meisten ärgerte?

Die Notierung?

Ach, die hat mir sogar geholfen. Für ein Konzert im Palast der Republik hätte ich mir die Noten von der Platte abschreiben müssen, weil meine Unterlagen fehlten. Haedickes Aufzeichnungen stimmte völlig. das nur am Rande. Die Haltung von ihm finde ich primitiv. Er hätte alles Musikalische zu Boden reden können, aber er hätte bitte nicht meine ehrliche Absicht bezweifeln dürfen. Nebenbei bemerkt: Ende vergangenen Jahres waren bereits 95 000 Platten verkauft. Die Leute haben darauf gewartet, und so schlecht war sie nun wirklich nicht. Na klar habe ich die zweite Platte besser gemacht. Und die dritte dieser Art wird noch besser werden. Das ist doch völlig logisch! Hör die 83er LP von Tangerine Dream an und vergleiche sie mit „Tangram” von 1980! Was meinst du, was sich bei denen innerhalb dieser drei Jahre entwickelt hat. Niemand konnte doch erwarten, dass ich zehn Jahre Tangerine-Dream-Erfahrung über den Haufen werfe!

Konntest du einige Anregungen von Ingolf Haedicke verwerten?

Nein. Er half nur insofern, als die Leute wegen der finsteren Kritik die Platte noch besser fanden. Wenn ich was gemacht habe, dann weiß ich besser als jeder andere, was da für Macken dran sind. Aber wenn ich’s nicht besser konnte, nicht besser wusste bis dato? Man kann mir auch jetzt nicht ”Heute bin ich allein” vorwerfen! Ich verteidige es, ohne unbedingt noch drauf zu stehen! Immerhin habe ich mich getraut, gegen eine internationale Garde anzutreten.

Lass mich noch einmal auf das „Sonntag”-Gespräch mit Wolfgang Lange zurückkommen. Er zitiert dich mit den Worten: die erste Elektronik-Platte gehöre noch in den „Leute-Verdummungs-Bereich”, absichtsvoll, denn man dürfe die Hörer nicht mit „ungewohnten Klangmassen überfallen”. Diese Musik, setzt Lange hinzu, assoziierte ”Eislerschen Standpunkt”. Wo setzt man an, wo führt man weiter – das scheint mir schon eine richtige überlegung zu sein!

Natürlich tauchen im „Geheimen Leben” noch Klischees auf, auch noch bei „Asgard”, obwohl ich mich da schon etwas weiter vorwagte. „Möglichkeiten einer Overtüre”, der erste Titel der zweiten Seite von ”Asgard”, stellt schon höhere Ansprüche. Man darf aber nicht vergessen, dass ich mich als Rockmusiker empfinde. Ich will kein Sinfoniker werden. Rock gehört zu meiner Lebensweise.

Du bist Mitglied des Komponistenverbandes. Wie kommst du mit den seriösen Komponisten zurecht, ihr sitzt ja des öfteren zusammen und unterhaltet euch.

Das ist sehr unterschiedlich. Gute Erfahrungen habe ich mit elektronisch interessierten Leuten wie Lothar Vogtländer und Rolf Hoyer. Wir haben schon zusammengearbeitet. Die akzeptieren, dass ich mich damit intensiv beschäftige und verlangen von mir keinen sinfonischen Zuschnitt, keine Hinwendung zur Ernsten Musik. Die meisten lächeln über meine Sachen. Aber das ist doch nicht so schlimm, oder?

1984 erscheint deine dritte Kinderlieder-LP. Wie siehst du das Verhältnis zwischen deinen elektronischen Arbeiten und den Editionen für Kinder?

Es handelt sich ja nicht nur um Kinderlieder. Die Poesie, die meine Frau Monika Ehrhardt schreibt, liegt mir sehr, Mit fällt wirklich dazu allerhand ein. Das sind keine Kinderlieder, sondern Lieder, die sich Kinder anhören, Musik für Kinder. Das ist auch ein Ausgleich im Hinblick auf kürzere, knappe Sachen. Es ist nämlich sehr anstrengend, ständig auf den großen Bogen zu achten. Das macht mit genauso viel Spaß wie damals meine Lieder. Ich mach’s mit echter Hingabe. Im Endeffekt kommt was dabei raus, worüber sich Kinder, Eltern, Erzieher freuen. Die erste LP war immerhin ein Experiment. Keiner wusste, ob’s Interessenten geben würde. Jedenfalls hatten wir Erfolg. Wir wussten jedoch nicht, aus welchem Grund, ob wegen der Mangelerscheinung auf diesem Gebiet oder wegen der Qualität der LP. Wir stellten irgendwann fest: Wenn ein Kind die zweite LP-Seite nicht hören will, dann kannst du die Platte wegschmeissen. Am besten ist es, wenn nach dem Hören der zweiten Seite die erste noch mal aufgelegt wird. Das war bei unseren beiden Kinder-Platten der Fall. Man hat dann das Gefühl, wirklich etwas Wertvolles zustandegebracht zu haben. Vierjährige Zuhörer sind doch irgendwann auch mal erwachsen. Wenn du nicht anfängst, dein Publikum von Kind auf zu erziehen – Bartok ist in dieser Hinsicht für mich ein Vorbild -, brauchst du dich nicht zu wundern, wenn die 18jährigen deine Musik nicht hören wollen.

Bist du dir darüber im klaren, dass von dir schon zehn Langspielplatten vorliegen? Nach den Puhdys hältst du damit den Rekord.

Nein, ich führe die Veröffentlichungsliste an, weil ich alleiniger Autor bin.

Erstaunt dich das?

Naja, das ist langweilig. Es ist langweilig, keinen Konkurrenten zu haben.

Was bleibt für dich zu tun?

Zum Beispiel ein großes Bühnenwerk für den Palast der Republik, ein multimediales Totalstück. Ich hab schon mal Anlauf genommen. Es klappte nicht. Sicher ist: ich bleibe dran! ich bin ein Bördemensch!

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